Albertsplatz 5, Coburg
Jahr der Fertigstellung: 2022
Auftraggeber: Herr Werner Weiss
Photos: von Aichberger, Steffen Ittig
Neue Presse Coburg:
Ein krönender Abschluss
Lukas Schäfer 03.06.2022
Gert Neuhaus hat sein Werk am Albertsplatz vollendet. Mit einer kleinen Feierstunde wurde das Porträt nun eingeweiht
Der Hund auf dem neuen Wandgemälde wirft einen Schatten. Das ist die erste nicht ganz ernst gemeinte Rückmeldung, die Werner Weiss von den Coburgern auf das neue Wandgemälde am Albertsplatz erhalten hat. Ansonsten hat sich das Bildnis zu einer Attraktion entwickelt, die deutschlandweit für viel Aufsehen gesorgt hat. Allein die installierte Webcam am gegenüberliegenden Gebäude wurde knapp 6000 Mal per Internet aufgerufen. Nach vier Wochen Arbeitszeit wurde das dreidimensionale Porträt an der Fassade der ehemaligen Bonbonfabrik Weiss am Freitagvormittag mit einer kleinen Feierstunde eingeweiht. Pünktlich zum 70-jährigen Thronjubiläum ihrer Ururenkelin Queen Elizabeth in England schauen nun Prinz Albert und Queen Victoria auf den belebten Platz in der Innenstadt nieder. Doch im Unterschied zur amtierenden Königin musste sich das Wandbild erst die Anerkennung erkämpfen. „Die meisten von Ihnen wissen wahrscheinlich aus den Medien, dass das jungfräuliche Gemälde von Prinz Albert und Queen Victoria jetzt schon eine sehr denkwürdige Geschichte hinter sich hat, ja regelrecht im Rathaus ein politisches Erdbeben ausgelöst hat. Das gesamte Genehmigungsprozedere dauerte fast ein Jahr und raubte mir viel Energie und schlaflose Nächte. Dafür ist die Freude über das vollendete Wandgemälde jetzt umso größer“, sagte Werner Weiss vor den Gästen.
Der Fassadenkünstler Gert Neuhaus hat die Vestestadt bereits am Donnerstag wieder verlassen und hat an der Feier nicht teilgenommen. „Ich habe den Künstler bereits am Donnerstag zum Bahnhof gebracht. Ich soll Ihnen von Gert Neuhaus und seinem Sohn Dank ausrichten, dass die Stadt über ihren Schatten gesprungen ist“, so Weiss. Immerhin könne sich Coburg nun rühmen, einen echten Neuhaus an seinen Mauern zu haben. „Die beiden haben zum Abschied noch gesagt, dass sie noch nie so eine positive Resonanz auf ihre Arbeit erhalten haben. Solch ein großes Interesse und Beifallsbezeugungen haben sie während ihrer Arbeit von Passanten noch nie bekommen. Es war unfassbar, wie viele Menschen stehen blieben und den Fortschritt am Albertsplatz fotografierten oder anerkennend zuwinkten.“ Dabei war das Projekt wegen einer fehlenden Genehmigung zur Gerüstaufstellung fast buchstäblich im letzten Moment noch gescheitert.
In dieser Woche konnten die Arbeiten mit den letzten Feinarbeiten nun abgeschlossen werden. Der Berliner Künstler fügte letzte Details ein und signierte das Fassadenbild als echten Neuhaus. Innerhalb der vier Wochen habe sich das Kunstwerk laut Weiss zu einem weltweit bekannten Meisterwerk entwickelt: „Es ist unfassbar. Ich bekomme Rückmeldungen von rund um den Globus. Die Leute haben großes Interesse an dem Werk. Wahrscheinlich haben auch die Verantwortlichen im Rathaus gemerkt, wie sehr sich die Menschen dieses Wandbild wünschen.“
Im ursprünglichen Entwurf waren die vorgesehenen Farben für das Wandgemälde noch deutlich kräftiger. Allerdings wurde nach Rücksprache mit Gert Neuhaus eine dezentere Hintergrundfarbe gewählt, damit diese besser mit den Grundtönen des Hauses harmoniert. Die ausgewählten hochwertigen Farben sind wetterfest und sollen mindestens zwanzig Jahre halten. Auch von den Behörden habe es laut Weiss amtliche Änderungswünsche gegeben, die sich auf eine andere Bildgröße und die Einbeziehung eines Fensters bezogen hätten. Letztendlich scheiterten die Wünsche jedoch an der Erfahrung und der vertraglich vereinbarten künstlerischen Freiheit. Ohne diese Klausel in seinem Vertrag nimmt Gert Neuhaus keine Aufträge an.
„Jetzt ist das Coburger Skandal-Bild endlich fertig“, scherzte Bürgermeister Hans-Herbert Hartan. „Die Entstehung des Wandbilds war ein regelrechter Spießrutenlauf. Aber das Engagement hat sich gelohnt. Bislang hatten wir nur das Albertdenkmal in der Innenstadt, aber sonst hatten wir keine Abbildungen von Albert und Victoria in der Innenstadt.“ Daher sei das vollendete Kunstwerk eine wertvolle Bereicherung für die Vestestadt.
Auch bei den Bürgern kommt das neue Porträt sehr gut an. „Um ehrlich zu sein, ich habe ja bis zuletzt gezweifelt, ob hier wirklich ein so großes Wandbild in der Innenstadt entsteht. Jetzt bin ich einfach nur froh, dass es doch noch geklappt hat“, freut sich Passantin Andrea Kobel, die sich die Einweihung nicht entgehen lassen wollte. Auch Tina Anfang war am Freitag vor Ort: „Ich habe mit meiner Tochter schon probiert, das große Wandbild nachzumalen. Allerdings schaffen wir das leider nicht so richtig. Spätestens bei den Treppenstufen verlieren wir bei unseren Versuchen die Geduld. Daher bin ich froh, dass Gert Neuhaus nicht die Geduld verloren und uns so ein tolles Kunstwerk geschenkt hat“, schwärmt sie.
Innerhalb kürzester Zeit wurde die Fassade der ehemaligen Bonbonfabrik neben der Veste zu einer der meistfotografierten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Damit Victoria und Albert auch richtig zur Geltung kommen, hat Werner Weiss abschließend noch einen wertvollen Tipp zur Hand: „Inspizieren Sie das Gemälde am besten von der gegenüberliegenden Straßenseite. Von hier kommt der dreidimensionale Effekt am besten zur Geltung. Von dort lassen sich die kryptischen Accessoires entdecken, welche der Künstler auf besonderen Wunsch eingearbeitet hat.“