PHOENIX

Wintersteinstraße 20

Berlin

Jahr der Fertigstellung: 1989

Photo: Christianne Neuhaus

 

 

Presseberichte:

Pankower Wochenblatt 2.November 1995

 

Von Katrin Baum

 

"Kunst einfach im Vorübergehen konsumieren"

 

Seine Leinwand ist aus Stein. Seine Motive ergeben sich aus dem Kontext der Häuser, ihrer unmittelbaren Umgebung und manchmal aus Geschichten oder Geschichte, die hier stattgefunden hat.

 

Seine Auftraggeber sind private Hausbesitzer mit Sinn für Schönes, Wohnungsbaugesellschaften, die eintöniges Grau satt haben. Der 56jährige Berliner Künstler Gerd Neuhaus malt Bilder auf die Wände. Am liebsten auf frisch verputzte, al fresco, wie einst Leonardo da Vinci sein „Letztes Abendmahl" im Dominikanerkloster zu Mailand.

Sind seine Gemälde also Fresken, die mit der Wand leben und mit ihr sterben? „Ja das kommt vor, daß plötzlich eines meiner Bilder verschwindet, weil eine Baulücke geschlossen wird", erzählt Neuhaus. Das Bild hatte trotzdem sein Publikum. Was nicht jeder, der malt, von seinen Werken behaupten kann.

Keiner kann die Leute zählen, die diese Art von Kunst konsumieren, die schauen und reden und sich Gedanken machen. Die Rezeption findet gewissermaßen im Alltag statt, im Vorübergehen. Die „Galerie" ist immer geöffnet, kostet kein Geld, und sprechen kann man über das-Werk mit jedem, der gerade vorbeikommt. Dabei galten die Giebelgemälde anfangs als bloße Stadtverschönerung, als Fassadenkosmetik. Wo die Stadt nackt und grau war, sollten die Bilder ablenken von städtebaulicher Misere. In den 60er Jahren setzte Ben Wargin den Impuls mit einer Giebelbemalung. Heute hat Berlin etwa 300 Giebelgemälde. Neuhaus selbst hat in allen westlichen Bezirken gemalt. Die bekanntesten Motive sind der riesige Reißverschluß und der Überseedampfer, beide in Charlottenburg.

„Was ich male, muß in die Gegend passen, sozusagen einen inneren Bezug zu den Häusern und den Menschen haben." Vor die Motiventscheidung setzt er daher die ausgiebige Milieustudie. „Bloß hinsetzen und pinseln, is nich", sagt Neuhaus.

Beim Überseedampfer war die Nähe zum Spreekanal ausschlaggebend und die Tatsache, daß in Berlin leider nie die großen Schiffe anlegen: Wassersehnsucht der Berliner „mit ihrer nicht klein zu kriegenden Weitläufigkeit" , wie Neuhaus sie empfindet. Natürlich darf das Bild nicht gegen die Sitte verstoßen. Wie überhaupt das Motiv letzten Endes durch das Stadtparlament abgesegnet werden muß. Es hat Zeiten gegeben, da ist schon mal ein Giebelbild vermeintlichen politischen Inhalts über Nacht verschwunden. Soeben vollendet hat Neuhaus sein erstes Mauerkunstwerk im Ostteil, in Prenzlauer Berg. In Zehlendorf entsteht ein Säulenportikus, dem Ambiente angemessen. Neuhaus malt an frischer Luft, in luftiger Höhe noch dazu. Seine immobile Stadtkunst wächst unter den Augen der Leute, ob er will oder nicht.

„Ich gehöre in Berlin zu den ersten Fassadenmalern und wahrscheinlich auch zu den letzten", sagt Neuhaus. Obwohl im April die Saison beginnt, ist sein Auftragsbuch derzeit so gut wie leer: „Das Interesse an dieser Stadtverschönerung hat rapide nachgelassen."

„Das hat auch Vorteile", sagt er. „Wenn das mühevolle Werk beendet ist - im Durchschnitt dauert die Bemalung vier bis sechs Wochen, haben sich die Leute daran gewöhnt." Jedoch nicht ohne Fragerei und Krittelei. Gut fände Neuhaus, einen Giebel zum Thema Jahrtausendwende zu bemalen. Das müßte schon ein sehr bedeutsamer Giebel sein - ob sich am Potsdamer Platz künftig so einer fände?

· GERT NEUHAUS UND TEAM - IHRE SPEZIALISTEN FÜR FASSADENKUNST ·